Am Samstag 4:30Uhr ist Abfahrt in die Selva, den Regenwald in der Amazonasregion- oder war’s halb vier? Ich kann mich nicht erinnern und entscheide mich lieber schon 3:30Uhr fertig zu sein.
Um 4:30Uhr geht’s dann also mit dem Kleinbus in östliche Richtung raus aus Cusco. Nach zwei Stunden Fahrt ist die Straße mitten auf dem Berg gesperrt. Das heißt für uns solange rückwärts runter rollen, bis sich in den Anden-Serpentinen eine Wendemöglichkeit ergibt. Da dies die einzig asphaltierte Straße in unsere Richtung war, bleibt uns ab jetzt nur der Weg über schmale Sandpisten. Alle 20-30 min muss die Fahrt unterbrochen und der Gegenverkehr ausmanövriert werden. Das jeweils kleinere Fahrzeug fährt dann solange rückwärts hoch oder runter, bis sich eine meist schwindelerregend winzige Ausbuchtung auftut, die ein aneinander vorbeifahren zulässt.
Wir machen Zwischenstopps an einem Pre-Inka Friedhof in Ninamarca und in der Kolonialstadt Paucartambo (s. Theater), bevor wir schließlich den höchsten Punkt des Manu Nationalparks erreichen, den Nebelwald auf 3560m Höhe.
Von dort aus geht es wieder Serpentinen runter- zunächst bis auf 500m Höhe, wo wir von einer versteckten Plattform aus den Gallito de las Rocas (Cock of the Rock) beobachten können. Zwei Stunden später sollen wir in Atalaya sein, wo die Straße endet und wir in ein Boot umsteigen sollen, dass uns auf dem Rio Madre de Dios zu unserer Lodge bringt.
Soweit die Theorie. Wir wären aber nicht in Peru, wenn die Praxis genau so aussähe. Nach kurzer Fahrt werden wir von einem Mann in orange angehalten, der erklärt, das ein Stück weiter die Straße freigeräumt werde und es in 10min weiter ginge. Also Motor aus und warten. Und dann: ein lauter Knall gefolgt von einer Druckwelle. „Haben die jetzt die Straße gesprengt?“ Natürlich nicht. Im Gegenteil, es wurde ein Stück vom Berg weggesprengt, weil scheinbar große Teile der Fahrbahn abgerutscht sind. In der folgenden Szene bearbeiten 2 abgeseilte Straßenbauarbeiter den Felsen mit einem Presslufthammer und ein Bagger räumt die neu geschaffene Fahrbahn frei.
1½ Stunden später kann es weiter gehen nach Atalaya. Bei unserer Ankunft ist es bereits dunkel und ein atemberaubendes Amazonasgewitter wütet, dass die Blitze nur so über den Himmel schießen. Boot fahren können wir heut nicht mehr. Zu gefährlich. Edward unser Master of Desaster organisiert in dem Mini-Dorf ein paar Betten. Es gibt natürlich keine Mosquito-Netze, dafür viele nicht-menschliche-Bewohner – ein Umstand der der Tatsache geschuldet ist, dass die Wände des Hauses auf halben Weg zur Decke enden. Die für mich logische Konsequenz ist der Gang zum Besitzer des Domizils, der darin noch einen kleinen Laden betreibt: „Buenas noches Señor, tiene cervecas frías?“ – „Sí claro!“ Der Abend ist gerettet. Nach und nach tauchen auch die Anderen auf und steigen mit ein. Mit gehangen mit gefangen. Wir lernen uns kennen und feiern ein bisschen. Und nach einigen Litern Cerveca Cusqueña gehen dann endlich die Lichter aus.